" Mein Austauschjahr in den USA: High School

Sonntag, 6. Oktober 2013

High School

Ich habe noch gar nichts über meine High School erzählt. Das will ich nun nachholen!
Mein erster Schultag war sehr turbulent. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hingehen sollte. Die Schule, die zwar anzahlmässig mit 1300 Schülern mehr oder weniger gleich gross ist wie mein Gymnasium in der Schweiz, ist flächenmässig sehr viel grösser. Die zurückzulegenden Distanzen sind somit auch erheblich länger. Das ist vor allem ein Problem, weil die Pausen so kurz sind. Nach jeder Lektion muss man sich beeilen, um rechtzeitig zur nächsten zu gelangen. Das war am ersten Tag allerdings nicht mein Hauptproblem. An jenem Tag galt es, das richtige Zimmer erst einmal zu finden, und das war leichter gesagt, als getan. Auch wenn ich heute finde, meine Schule ist ziemlich übersichtlich aufgebaut, glich sie an meinen ersten Tagen einem Labyrinth. Aber dennoch bin ich nie zu spät gekommen, es gab immer jemanden, der mir geholfen hat. Kaum stand ich eine Sekunde ratlos im Gang herum, kamen sofort ein paar hilfsbereite Schüler zu mir und zeigten mir nicht nur den Weg, sondern begleiteten mich sogar bis zum Klassenzimmer!

Ich habe jeden Tag dieselben sieben Klassen: 
Painting (Malen mit Farben, nicht zu verwechseln mit Drawing, Zeichnen)
Spanisch
Englisch
Sports & Entertainment Marketing 
Lunch
Astronomy
Physical Conditioning (Lauf-, Konditions- und Krafttrainig)
US History
Logansport High School
Es ist hier kein Problem, eine Klasse zu "droppen", also zu wechseln. Anstelle von Painting hatte ich Pre Calc, also Mathematik. Aber ich hatte den Stoff bereits durchgenommen und die Stunden waren todlangweilig (Dem Lehrer zuhören und dessen Gekritzel entziffern und ins Heft übertragen). Der Stoff, den ich zum Teil bereits wieder vergessen hatte, war zu einfach um etwas zu lernen und zu schwierig um ohne Aufwand mitzukommen, also sah ich keinen Sinn dabei und habe es abgewählt. Ich wählte als neues Fach Radio & TV Production, aber da es mein erstes Jahr an der High School ist, musste ich den Anfängerkurs belegen und war erstens mit den kleinen Freshmen zusammen, und zweitens war der Kurs so unproduktiv und "für Dummies", dass ich mein erstes Fach jeden Tag erneut wechselte. Der Wechsel war jedoch so spät dass nur noch wenige Fächer verfügbar waren. Ich habe Painting genommen.


Die Fächer sind gut, die Lehrer sind auch sehr nett. Aber mich überrasch die Arbeitsmoral an der High School. In der Spanischklasse, die ich genommen habe um mein Spanisch nicht allzusehr zu verlieren, haben wir manchmal Kurztests. Die dauern etwa 10 Minuten, den Rest der Stunde sitzt die Lehrerin vor ihrem PC. Wir können schlafen, lernen, mit dem iPhone spielen - es juckt niemanden. Ich habe das Gefühl, dass jeder nur sein Minimum gibt, egal ob Lehrer oder Schüler. Ist das Tagesziel erreicht ist der Rest egal. Aber trotzdem gibt es auch Lehrer die ihr Fach gerne mögen, zum Beispiel Englisch und Astronomie. Beides sind meine Lieblingsfächer. Sie sind sehr interessant und die Lehrer wollen uns etwas beibringen. Es sind alle Lehrer in Ordnung, aber ich habe das Gefühl dass die einen nur ihr Programm abspulen.
Ich habe in jedem Fach andere Klassenkameraden. Das führt zum einen dazu, dass ich viele Leute kennenlerne, aber auch nur oberflächlich, und andererseits, dass ich immer noch viele aus meinen Klassen nicht kenne.
Ich war sehr überrascht ob der Moderne der Schule. Jeder Schüler hat seinen eigenen Laptop und in den meisten Zimmern hat es elektronische Wandtafeln, die Schulbusse sind alle wie neu. Generell ist die Schule sehr gepflegt und schön.
Apropos Schulbusse: Da viele 16 jährige bereits ein eigenes Auto haben, sind es vor allem die jüngeren Schüler, die mit den gelben Bussen zur Schule fahren. Ich musste sie aber noch kaum nutzen, meistens werde ich von meiner Gastschwester oder meinem Gastbruder zur Schule gefahren.
Welcome to Logansport High School, Home of the Berries
Man sieht den High School Spirit alle paar Meter. Überall sind Plakate, Transparente, Bilder und Vitrinen voller Pokale aufgehängt. Es ist toll, auf eine so bunte und lockere Schule zu gehen. Der tolle High School spirit haben wir vermutlich vor allem unserem Rektor, Mr. Jones, zu verdanken. Er ist jung, vor wenigen Jahren war er noch Bibliothekar in der Middle School. Er hat die Schule zu dem gemacht, was sie heute ist, indem er die Schüler wie kein anderer unterstützt und sie auch versteht. Er ist an praktisch jedem Sport Event anzutreffen, sei es jetzt Football mit mehreren Tausend Zuschauern, oder ein Soccer Game wo kaum Leute sind. Er war es auch, der die Schule in eine Berry Pride Hochburg verwandelt hat. Überall hat er Plakate aufhängen lassen, die ganze Schule glüht in rot und schwarz, unseren Schulfarben. Er ist ein grossartiger Entertainer, und es macht Spass, im bei den morgendlichen Durchsagen durch die ganze Schule zuzuhören.
Jeden morgen, in der ersten Stunde, begrüsst uns Mr. Jones, und sagt die Pledge of Allegiance auf. (“I pledge allegiance to the flag of the United States of America, and to the republic for which it stands, one nation under God, indivisible, with liberty and justice for all.”) Jeder legt die Hand über sein Herz und schaut zu der grossen USA Flagge, die in jedem Zimmer hängt. Danach gibt es sogar noch einen "Moment of Silence". Nach dem Treueschwur erzählt er von den Sportergebnissen und anderen besonderen Ereignissen, wie zum Beispiel Games, Spezielle Tage (Picture Day, Spirit Week, Homecoming etc).
Wenn man mich fragt wie ich die High School finde, dann sage ich jedesmal, dass ich es super toll finde, was auch stimmt. Aber leider muss ich auch schlechte Sachen sagen. Zum Beispiel sind die Regeln viel schärfer. Es gibt einen Dresscode: Kein zu grosser Ausschnitt, keine Spaghettiträger und keine zu kurzen Shorts (Hotpants sind aber in den meisten Fällen nicht "zu kurz". Der Dresscode ist eigentlich kein grosses Problem für die Mädchen, weil er nie so extrem ist wie bei anderen Schulen. Die Lehrer dürfen aber, ausser am Freitag, keine Jeans tragen, weil das zu unseriös ist. Das überraschte mich sehr, es ist mir zwar nie wirklich aufgefallen, aber ich glaube in meiner Schule in der Schweiz ist das absolut kein Problem.
Zurück zu den strengen Regeln: Man darf nicht durch die Gänge laufen, ohne einen sogenannten "Hallway Pass", ein Papier auf dem die Lehrer ankreuzen können ob ich auf die Toilette gehen muss oder zum Sekretariat. Das Datum, die genaue Zeit und die Unterschrift dürfen natürlich nicht fehlen. Ich musste einmal etwas abholen im Main Office und kam eine Minute zu spät zum Unterricht. Der Lehrer schickte mich dananch dahin zurück, ich bräuchte einen Pass. Also ging ich vom vermutlich vom weit entferntesten Klassenzimmer durch die ganze Schule, und als ich zurückkam und vermutlich fast 8 Minuten Unterricht verpasst hatte, nahm der Lehrer den Pass, sah ihn an und warf ihn in den Papierkorb. Aber der Hallway Pass hat auch vorteile. So kann man, wenn man eine Klasse droppen will im Sekretariat ohne Probleme sich Zeit nehmen und zu spät zum Unterricht kommen, man braucht nur einen Pass, den man in diesen Fällen auch bekommt.
Das einzige, das mich wirklich aufregt ist, dass man in die Cafeteria MUSS, und sie nicht vor dem Klingeln verlassen darf. Ich vermisse es sehr, bei schönem Wetter draussen zu sein. In der Schweiz war es kein Problem in den Park zu gehen und mit Freunden Musik zu hören, oder in der Altstadt einen Leckeren Döner zu essen. Das Essen ist ok, es ist in keiner Weise vergleichbar mit den Gourmet Menus in einer schweizer Mensa, aber es kostet 1.60 bis 2 Dollar, und man wird satt. Es ist sogar manchmal echt lecker, aber es schmeckt eigentlich immer gleich. Wir essen einem Plastiktablett, wie man es von den Filmen her kennt. Oft gibt es Sandwiches, und in praktisch jedem Essen ist Fleisch enthalten. Vegetarier haben es nicht leicht in Amerika.

Die High School gefällt mir sehr. Auch wenn für mich der Alltag eingekehrt ist gibt es dennoch viel zu erzählen. Nach so einer langen Pause werde ich versuchen so schnell wie möglich mehr zu schreiben auf meinem Blog.
Bis zum nächsten mal!

1 Kommentar:

  1. Hoi Luca
    endlich wieder ein Bericht von dir! Gut und spannend geschrieben. Hast du noch mehr Fotos?
    Gruss GP aus W

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